Der Snob (Carl Sternheim)

Der Snob (Carl Sternheim)

Im zweiten Teil seiner „Maske“-Tetralogie karikiert Sternheim den planmäßig betriebenen und rücksichtslos in die Tat umgesetzten Aufstieg des zu Reichtum gelangten Kleinbürgers in die Spitze der wilhelminischen Gesellschaft. – Dem 36 jährigen Christian Maske, Sohn Luises und Theobalds, fehlt zum wirtschaftlichen Erfolg noch die gesellschaftliche Anerkennung. Da sich dazu seine einfache Herkunft als Hemmnis erweist, beschließt er, mit dem kleinbürgerlichen Milieu seiner Vergangenheit zu brechen: „Daß es falsch wäre, durch Hervorzerren der Erzeuger den Abgrund zwischen Herkommen und errungener Stellung offenbar zu erhalten, liegt auf der Hand.“ Er schlägt dazu seinen Eltern ein Tauschgeschäft vor: Für die Erstattung ihrer Aufwendungen für ihn sollen sie seinem Umzug in die Schweiz zustimmen und jeglichen Kontakt mit ihm aufgeben. Seine Geliebte, die ihn in den Umgangsformen der Gesellschaft unterwiesen hat, wird für ihre Dienste mit einer großzügigen Summe abgefunden.

Bild: Hans Georg Körbel, Barbara Stoll, Karlsruhe 1993

Damit glaubt Christian die Voraussetzungen für den Eintritt in die Welt des Adels geschaffen zu haben, und in der Tat gelingt die Verbindung mit Marianne, der Tochter des Grafen Palen. Als Christian jedoch bemerkt, daß es in adligen Kreisen als „schick“ gilt, die eigene Leistung durch das Bekenntnis einer schlichten Herkunft zu unterstreichen, lädt er seine Eltern zu seiner Hochzeit ein. Theobald Maske, der dem Sohn bei seiner Ankunft den Tod der Mutter mitteilt, mißbilligt zunächst die Heirat, da er darin die Verletzung geheiligter Standesschranken sieht. Schließlich aber siegt in ihm die Genugtuung über die erfolgreiche Karriere Christians, die ihm als Befriedigung eigener geheimer Aufstiegssehnsüchte gilt. Das kleinbürgerliche Auftreten des alten Maske nimmt die adlige Gesellschaft in amüsierter Haltung hin. Christians gesellschaftlicher Aufstieg ist gelungen und jeder Widerstand der Braut überwunden, als er unter Erinnerung an die Episode mit der Hose (Die Hose) die Ehre seiner Mutter preisgibt und seine angebliche Abstammung vom französischen Adel andeutet.

Sternheim registriert in diesem Stück sehr genau den beginnenden Abstieg des Adels in der sich entwickelnden Industriegesellschaft. Christians übertriebene Anpassungsversuche sind letztlich überflüssig, da es allein sein Reichtum ist, die ihm die Anerkennung des verarmten Grafen sichert.