Tosca (Puccini)

Tosca

Melodramma in 3 Akten von Giacomo Puccini.
Text von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach dem Drama La Tosca von Victorien Sardou (1887).

PERSONEN:
Floria Tosca, eine berühmte Sängerin (Sopran) –
Mario Cavaradossi, Maler (Tenor) –
Baron Scarpia, Polizeichef (Bariton) –
Cesare Angelotti, ein entflohener politischer Gefangener (Bass) –
Der Mesner (Bass) –
Spoletta, Polizeiagent (Tenor) –
Sciarrone, ein Gendarm (Bass) –
Ein Schließer (Bass) –
Ein Hirt (Knabenstimme oder Alt) –
Ein Kardinal,
der Staatsprokurator,
der Henker Roberti,
ein Schreiber,
ein Offizier, e
in Sergeant (stumme Rollen) –
Soldaten, Sbirren, Damen und Herren, Bürger, Volk, Geistliche u.a.
ORT UND ZEIT: Rom, Mittwoch, 17.6.1800, und im Morgengrauen des folgenden Tages.
SPIELDAUER: ca. 2 Stunden (1. Akt: ca. 45 min.; 2. Akt: ca. 40 min.; 3. Akt: ca. 25 min.).

Nach 1798 kämpfte das frz. Revolutionsheer unter Napoleon gegen eine monarchistische Allianz aus England, Österreich und Russland. Die Franzosen haben Rom eingenommen und Cesare Angelotti zu einem der Konsule der »Römischen Republik« ernannt. Die bourbonisch-habsburgischen Herrscher Ferdinand IV. und seine Frau Maria Carolina, eine Schwester der hingerichteten Marie Antoinette, hatten aus Neapel fliehen müssen; von Sizilien aus organisieren sie den Widerstand. Ihre Truppen nehmen Rom ein, wo Baron Vitellio Scarpia und seine Geheimpolizei die Interessen der Monarchie durchsetzten, und stürzen die Republik. Angelotti wird eingekerkert. Im Juni 1800 kommt es in der Nähe des Dorfes Marengo zur entscheidenden Schlacht zwischen den frz. und österr. Truppen, in der Napoleon siegt. Das ist der historische Hintergrund des Operngeschehens.

Olafur Bjarnasson und Anna Shafajinskaia, Regensburg 2000

1. Akt.

Angelotti, der von Scarpia in der Engelsburg eingekerkerte Konsul der ehemaligen röm. Republik, konnte aus dem Gefängnis fliehen und sich in die Kirche Sant’Andrea della Valle retten. In der Familienkapelle seiner Schwester, der Marchesa Attavanti, sucht er die für ihn hinterlegte Fluchtkleidung; hier verbirgt er sich. Auf der Suche nach dem Maler Cavaradossi, der an einem Altargemälde mit dem Bild der nur von ihren Haaren bekleideten heiligen Büßerin Maria Magdalena arbeitet, nähert sich der Mesner dem Malgerüst. Er erkennt auf dem Gemälde das Porträt einer Dame, die in der letzten Zeit häufig zum Beten in die Kirche kam. Es ist die Marchesa Attavanti. Cavaradossi vergleicht das Bild mit dem Miniaturporträt seiner Geliebten, der Sängerin Floria Tosca, das er immer bei sich trägt (Recondita harmonia). Der brummige Mesner sieht in ihm einen Freigeist und »Feind unserer heiligen Regierung«, er bleibt nicht lange in so ketzerischer Gesellschaft. Deshalb kann sich Angelotti bald aus seinem Versteck hervorwagen und den Maler, der ihn wieder erkennt, um Hilfe bitten. Cavaradossi drückt ihm einen Esskorb in die Hand und drängt ihn in die Kapelle zurück, denn draußen klopft Tosca an die Tür, um sich mit ihm für den Abend in seiner Villa zu verabreden. Argwöhnisch, weil die sonst offene Kirchentür geschlossen war, unterstellt die zur Eifersucht neigende Sängerin dem Maler, er verstecke eine Frau in der Kirche. Auch erkennt sie die Ähnlichkeit des Magdalenenbildes mit der Gräfin Attavanti und ihren blauen Augen. Doch Cavaradossi kann seine Geliebte beruhigen, es gebe für ihn nur Tosca und ihre schwarzen Augen. Sie geht einigermaßen beschwichtigt. Cavaradossi bietet nun Angelotti ein Versteck im Garten seiner Villa an. Ein Kanonenschuss von der Engelsburg, dem Gefängnis Angelottis, zeigt an, dass seine Flucht entdeckt wurde. Aufgeregt kommt der Mesner zurück, zugleich enttäuscht, dem Maler nicht mehr seinen Triumph verkünden zu können: Napoleon ist geschlagen worden. Zur Feier des Sieges werde die berühmte Floria Tosca im Palazzo Farnese eine Kantate singen und in der Kirche ein Tedeum zelebriert werden, ruft er den von allen Seiten herbeilaufenden Geistlichen und Messdienern zu. Das allgemeine Jubelgeschrei erstirbt mit einem Schlag, weil Scarpia und seine Häscher in der Kirchentür erscheinen. Der Polizeichef hat Angelottis Spur aufgenommen; rasch wird ihm die Verbindung zwischen Angelotti und dem Maler des Porträts von Angelottis Schwester klar, zumal in der Kapelle der Attavanti Cavaradossis Esskorb leer gefunden wird. Tosca kehrt zurück, um Cavaradossi zu sagen, dass sie am Abend nicht kommen könne, weil sie beim Festakt im Palazzo Farnese auftreten müsse. Scarpia gibt sich verbindlich, reizt aber Toscas Eifersucht, indem er ihr einen in der Kirche gefundenen, ihr fremden Fächer zeigt. Vor Wut weinend verlässt sie die Kirche. Sie hofft, Cavaradossi in seiner Villa in flagranti zu überraschen. So wollte es Scarpia; höhnisch lächelnd schickt er ihr drei Geheimagenten nach. Die Kirche füllt sich, und zu den Klängen des Tedeums der Gläubigen stimmt Scarpia in wilder Gier sein eigenes Triumphlied an. Er werde Cavaradossi vernichten und Tosca dann zu seiner Beute machen.

Adam Kruzel Regensburg 2000

Adam Kruzel Regensburg 2000

2. Akt.

In seinem Zimmer im Palazzo Farnese sinnt Scarpia beim Abendessen über seinen Plan nach, Angelotti und Cavaradossi an den Galgen zu bringen (Tosca è un buon falco). Für Tosca schreibt er ein Billet, er erwarte sie nach der Kantate. Spoletta erstattet Bericht: Angelotti konnte nicht gefunden werden, aber Cavaradossi. Ihn lässt Scarpia vorführen und unterzieht ihn einem scharfen Verhör. Doch der Maler leugnet, Angelottis Versteck zu kennen. Während des Verhörs klingt die von Tosca und dem Chor intonierte Festkantate in den Raum. Nach dem Ende der Kantate erscheint Tosca. Scarpia lässt Cavaradossi in ein Folterkabinett nebenan bringen. Auf beiläufige Fragen in Scarpias galanter Konversation erwidert auch sie, den Aufenthaltsort Angelottis nicht zu kennen. Doch die immer drängenderen Fragen Scarpias und die Schmerzensschreie ihres Geliebten brechen ihren Widerstand. Sie verrät das Versteck, einen Brunnen in Cavaradossis Garten. Der halb bewusstlos Gefolterte wird in den Raum getragen; als Sciarrone bestürzt meldet, die Nachricht von der Niederlage der Franzosen bei Marengo sei eine Falschmeldung, Napoleon habe gesiegt, bricht Cavaradossi in ein hymnisches Freiheitslied aus und schleudert dem Henkersknecht Scarpia seine Verachtung ins Gesicht (Vittoria! Vittoria!). Das bedeutet sein Todesurteil. Scarpia lässt ihn abführen, hält aber Tosca zurück. Voll Verachtung fragt sie nach dem Preis für Cavaradossis Leben. Scarpia erklärt lachend, er sei zwar käuflich, aber nicht von einer Frau, und sucht ihr klarzumachen, welchen Preis er von ihr verlange (Già mi dicon venal). Toscas Flehen (Vissi d’arte) rührt ihn nicht, steigert nur seine Begierde. Als gemeldet wird, Angelotti habe sich bei seiner Festnahme das Leben genommen und alles sei bereit zu Cavaradossis Exekution, ist Tosca am Ende. Auf Scarpias »Also?« nickt sie stumm. Der Polizeichef befiehlt Spoletta, Cavaradossi nicht erhängen, sondern erschießen zu lassen und das nur zum Schein, »ganz genau wie beim Grafen Palmieri«. Spoletta versteht. Scarpia stellt Tosca einen Passierschein aus, damit sie Rom mit ihrem Geliebten verlassen kann. Als er aufsteht, um ihn ihr zu übergeben und mit ausgebreiteten Armen den vereinbarten Preis einzufordern, stößt sie ihm einen Dolch in die Brust. Aus seiner im Tod verkrampften Hand nimmt sie den Passierschein, stellt brennende Leuchterkerzen neben seine Leiche, legt ein Kruzifix auf seine Brust und eilt zu Cavaradossi in die Engelsburg.

Anna Shafajinskaia und Adam Kruzel, Regensburg 2000

Anna Shafajinskaia und Adam Kruzel, Regensburg 2000

3. Akt.

Auf der Plattform der Engelsburg. Im Morgengrauen hört man aus der Ferne den Gesang eines Hirtenjungen. Kirchenglocken läuten zum Frühgottesdienst. Cavaradossi wird dem Schließer übergeben. Er bittet ihn, um den Preis seines Rings einen Brief weiterzuleiten, und nimmt verzweifelt Abschied vom Leben (E lucevan le stelle). So überrascht ihn Tosca. Was sie ihm zu berichten hat, überwältigt ihn, tief gerührt ergreift er ihre Hand. Und beide begrüßen glücklich den heraufziehenden Tag ihrer Freiheit (O dolci mani mansuete e pure). Das Erschießungskommando tritt an. Cavaradossi wird sich tot stellen, bis nach den Schüssen mit entschärften Patronen die Soldaten abgezogen sind. Die Gewehrsalve kracht. Tosca sieht ihren Geliebten wie auf der Bühne zusammensinken. Sie läuft zu ihm, er könne sich jetzt erheben – ein entsetzlicher Irrtum, er ist wirklich tot, Opfer eines teuflischen Betrugs. Inzwischen ist Scarpias Ermordung entdeckt worden. Spoletta stürmt mit seinen Leuten herauf, um Tosca zu verhaften. Tosca stürzt sich über die Brüstungsmauer in den Tod.